Diese Audiobeitrag wird von der Universität Erlangen-Nürnberg präsentiert.
Professorin Dr. Doris Feldmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Anglistik, Literatur und Kulturwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
In Forschung und Lehre beschäftigt sie sich mit dem Verhältnis von Literatur zu Wirtschaft, Politik und den Medien.
William Shakespeare ist Großbritanniens berühmtester Dramatiker und Dichter und einer der bekanntesten Autoren überhaupt.
Seine Bedeutung zeigt sich zum einen daran, dass er weltweit der meistverkaufte Schriftsteller aller Zeiten ist.
Zum anderen sind seine Stücke fester Bestandteil des Repertoires an unseren Theatern.
Sie werden immer wieder neu inszeniert und auch mit großen Stars für Kino und Fernsehen verfilmt.
Zudem gehören seine Dramen zum traditionellen Lesekanon an den Schulen und gelten als unverzichtbar für die literaturwissenschaftliche Ausbildung an den Universitäten.
Shakespeare ist nicht nur im akademischen Bereich und bei Theaterfans bekannt, er ist in unserer Kultur insgesamt allgegenwärtig.
Seine Figuren und Motive sind zu kulturellen Mythen geworden, das heißt zu tradierten Erklärungen auch für unsere Lebenswelt, obwohl Shakespeare bereits seit 400 Jahren tot ist.
Die Aussprüche einiger Figuren aus den Dramen sind zu allgemeinen Redewendungen oder Denksprüchen geronnen.
Ein skrupelloser Gläubiger wird auch im aktuellen Sprachgebrauch nach dem Geldverleih im Kaufmann von Venedig als Shylock betitelt.
Romeo und Julia gelten immer noch als Inbegriff romantischer tragischer Liebe.
Jeder kennt Hamlet's skeptische Selbstbefragung sein oder nicht sein. Das ist hier die Frage.
Der Ausspruch, die ganze Welt ist eine Bühne, aus Wie es euch gefällt, war schon das Motto des Shakespearetheaters in London, das den Namen The Globe trug.
In Friedrich Schiller's Worten, die Bretter, die die Welt bedeuten.
Die Wege wahrer Liebe sind gewunden.
Dieser Satz aus Shakespeares Sommernachtstraum versinnbildlicht die Grundstruktur der englischen Komödie und funktioniert offenbar auch noch in der modernen Populärkultur, sei es in Liebesromanen oder in Hollywood-Filmen.
Ein junges, noch unverheiratetes Paar muss viele Hindernisse überwinden, darunter auch einige Hürden, bevor es glücklich werden kann.
Als der bis heute bedeutendste Dramatiker wird Shakespeare 2016 weltweit anlässlich seines 400. Todesjahres gewürdigt.
Überall gibt es Gedenkfeiern, Konferenzen, Shakespeare-Festivals, Zeitungsbeiträge, Radio- und Fernsehsendungen.
Was macht Shakespeare eigentlich so besonders?
Was fasziniert uns so an ihm und warum war er schon zu seinen Lebzeiten erfolgreich?
Ich werde versuchen Shakespeare historisch zu verorten und dabei einige jener Aspekte beleuchten, deren wegen Shakespeare uns heute noch gefällt.
Hierzu folgt nach einem ersten Überblick eine kleine Fallstudie, eine Interpretation der Komödie, wie es euch gefällt.
Zunächst einmal zu der Frage, wer Shakespeare eigentlich war. Was wissen wir über ihn oder wie stellen wir uns ihn vor?
Obwohl schon Generationen von Wissenschaftlern Shakespeares Leben erforscht haben, weiß man bis heute nur recht wenig.
Nicht einmal sein genaues Geburtsdatum ist bekannt.
Laut Kirchenregister wurde Shakespeare am 26. April 1564 in Stratford-upon-Avon, einer kleinen Provinzstadt in den englischen Midlands, getauft.
Insofern setzt man einfach den 23. April als seinen Geburtstag an.
Sein Vater, ein Handschuhmacher, war ein angesehener Bürger.
Stratford und William besuchte eine gute Schule vor Ort, eine Lateinschule.
Mit 14 Jahren ging er doch von der Schule ab. Wahrscheinlich hatte sein Vater Geldprobleme.
Als 18-Jähriger heiratete er eine um 8 Jahre ältere Frau, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hatte.
Wann genau Shakespeares Leben verabschiedet wurde, weiß man nicht.
Wann genau Shakespeare nach London zog und was er zwischen 1585 und 1592 machte, ist nicht bekannt.
Diese sogenannten Lost Years sind aber für unser Shakespeare-Bild durchaus relevant.
Denn solche mysteriösen Lehrstellen werden durch allerlei Mythen darüber gefüllt, was Shakespeare denn getan haben könnte,
sodass sein Leben etwas abenteuerlicher erscheint. War er vielleicht als Söldner im Ausland oder war er gar ein Dieb oder Wilderer?
Ab 1594 gehörte Shakespeare jedenfalls einer bekannten Londoner Schauspielgruppe an, an der er auch selbst finanziell beteiligt war.
1599 begann die Truppe in einem eigenen Theater zu spielen, dem berühmten Globe-Theater.
Dessen Mitbesitzer wurde Shakespeare bald.
1612 kehrte Shakespeare als reicher Mann nach Stratford zurück, wo er als kapitalkräftiger Geschäftsmann investierte
und immerhin das zweitgrößte Haus vor Ort erwarb, ein deutliches Zeichen seines Aufstiegs.
Shakespeare starb 1616 im Alter von 52 Jahren und wurde seinem neuen Status als Gentleman gemäß in der Holy Trinity Kirche beigesetzt.
Hier ein Bild seines Grabs, das inzwischen zu einer touristischen Pilgerstätte geworden ist.
Die großen Lücken in Shakespeares Biografie gaben Anlass zur Spekulation über den wirklichen Shakespeare.
Manche bestreiten, dass der Sohn eines Handschuhmachers aus der Provinz überhaupt der größte Dramatiker aller Zeiten sein könnte.
Entsprechend wird behauptet, Shakespeare sei in Wirklichkeit der Earl of Oxford gewesen,
ein weitgereister und literarisch interessierter Aristokrat und ein vertrauter Elisabeth der Ersten.
Presenters
Prof. Dr. Doris Feldmann
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:45:12 Min
Aufnahmedatum
2016-06-02
Hochgeladen am
2017-02-01 12:43:03
Sprache
de-DE
Was macht William Shakespeare 400 Jahre nach seinem Tod immer noch so berühmt – und was ließ ihn in seiner Zeit erfolgreich werden? Am Beispiel der Komödie Wie es euch gefällt wird Shakespeares komplexer dramatischer Stil und sein souveränes Spiel mit Zuschauererwartungen vorgestellt. Gleichzeitig diskutiert der Vortrag die fortwährenden Spekulationen angesichts seiner lückenhaften Biographie, die Diskrepanz zwischen damaliger Theaterpraxis und modernen Vorstellungen von Autorschaft sowie die Einteilung seines Werks in unterschiedliche dramatische Gattungen.